Was ist Absinth?
Kommen wir nun zunächst zur technischen Seite: Woraus besteht Absinth und wie wird er hergestellt?
Absinth ist eine hochprozentige Spirituose (in der Regel zwischen 45–85 % Vol. Alkohol), deren Hauptzutaten Wermut, Anis und Fenchel sind, wobei natürlich auch, je nach Marke, weitere Kräuter eingesetzt werden. Nach einer Mazeration der jeweils gewählten Zutaten in Neutralalkohol oder Weinalkohol schreitet man zur Destillation. Diese bewirkt unter anderem eine Abtrennung der starken Bitterstoffe, die für den Wermut charakteristisch sind und deren Eliminierung erst dafür sorgt, dass das Endprodukt überhaupt genießbar wird. Aus diesem Grund erkennt man minderwertige Produkte an einer ausgeprägten Bitterkeit, die den Genuss fraglich machen und darauf verweisen, dass bei der Produktion auf die Destillation ganz oder teilweise verzichtet wurde. Ähnlich wie bei den Likören, ist ein entscheidendes Merkmal des Absinths seine charakteristische Farbe. Das leuchtende Giftgrün erhält man, indem man dem Destillat das Chlorophyll färbender Kräuter wie pontischer Wermut, Melisse und Ysop hinzufügt. Das gelingt allerdings nur zufriedenstellend, wenn der Hersteller ausreichend versiert ist, was die Auswahl und das Mischungsverhältnis der Kräuter sowie die Dauer der Färbung angeht. In billigen Produkten wird deshalb häufig mit Lebensmittelfarbe "getrickst".
Die abenteuerliche Geschichte von Absinth – die verruchteste Spirituose der Welt
Um dich nicht unnötig zu beunruhigen, das Wichtigste gleich vorweg: Spätestens seit 1998 ist der Verkauf und damit der Genuss der sagenumwobenen Flüssigkeit in den meisten europäischen Ländern und den USA wieder erlaubt. Mit anderen Worten macht man sich weder strafbar, noch gefährdet man seine Gesundheit, wenn man zum Absinthtrinker wird. Vielmehr befindest du dich damit in "guter Gesellschaft", denn nach dem Verbot entwickelte sich der etwas entschärfte Absinth umgehend wieder zu einem Kultgetränk, was sicher auch durch Filme wie "Moulin Rouge" oder "From Hell" befeuert wurde.
Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass der Hochprozenter mit Charakter seit ungefähr 1915 fast achtzig Jahre lang verboten war? Nun, wir werden sehen.
Ursprung als Heilmittel – was schon in der Bibel stand
Hier passt der Werbespruch "Und wer hat's erfunden?" (wie geben es ja zu, ein Witzchen mit sehr langem Bart!) endlich mal, denn der Ursprung des Absinths liegt tatsächlich in der Schweiz, genauer gesagt im Val de Travers. Dort wurde er in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert als Heilmittel hergestellt und vertrieben. Die vermutete oder tatsächliche Heilmittelwirkung beruht auf der Hauptzutat, dem vor Ort wachsenden Wermut, auch bekannt als Artemisia absinthum. Hildegard von Bingen, um beispielhaft eine populäre Kräuterkundige herauszugreifen, empfahl den Wermut, der schon in der Bibel als Heilkraut erwähnt wird, wegen seiner antiparasitären und desinfizierenden Qualitäten als Wurmmittel (abgekocht in Wein). All das und noch viel mehr dürfte auch den Erfindern des Absinths nicht unbekannt gewesen sein.
Der Krieg als Vater aller Dinge – Absinth als kriegswichtiges Gut
Während sein Geburtsort also in der Schweiz liegt, war es in der Folge Frankreich, das entscheidende Impulse für die weitere Entwicklung des Absinths zum Mythos gab, wobei hier die Eroberung Algeriens durch die Franzosen am Anfang stand. Mit Blick auf die schlechte Versorgung mit sauberem Trinkwasser und zum Schutz vor Malaria sorgten Militärärzte dafür, dass den in der zukünftigen nordafrikanischen Kolonie kämpfenden Soldaten täglich Absinth zugeteilt wurde. Aus Algerien heimkehrende Veteranen behielten den Absinth-Konsum allerdings bei, der so in ganz Frankreich immer populärer wurde. Sprichwörtlich ist hier die "grüne Stunde": In der Zeit zwischen 17 und 19 Uhr wurde die Grüne Fee ausgeschenkt. Zur weiten Verbreitung hat mit Sicherheit beigetragen, dass es sich bei damaligen Absinthen um billige Spirituosen mit hohem Anteil meist minderwertigen Alkohols handelte. Wie dem auch sei – Frankreich drohte jedenfalls dem Wein, seinem eigentlichen Nationalgetränk, den Rücken zu kehren, was die damaligen Weinproduzenten wirklich beunruhigt hat.
Die Muse der Boheme – die Grüne Fee und die Künstler
Eine Wirkung billigen Absinths bestand darin, das Hungergefühl zu betäuben, was uns zur nächsten – und zwar der eigentlichen – Stufe der Mythenbildung führt: Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erlangte Absinth bei einer Reihe von Künstlern – den Bohemiens –, die damals als Bürgerschreck galten und meist am Hungertuch nagten, heutzutage aber Weltruhm genießen, erstaunliche Beliebtheit. So liest sich die Liste berühmter Absinthtrinker denn auch wie ein "Who is Who" der damaligen Kunstszene: Neben Literaten wie Charles Baudelaire, Arthur Rimbaud, Edgar Allan Poe und Oscar Wilde wären hier vor allem Maler wie Paul Gauguin, Vincent van Gogh und Henri de Toulouse-Lautrec zu nennen. Diese Künstler nutzten ihr Lieblingsgetränk allerdings nicht nur als inspirierende (angeblich sogar Halluzinationen auslösende) Muse und schufen Werke, die sich explizit auf Absinth bezogen, sondern gelegentlich fielen auch gesundheitliche Beweggründe ins Gewicht: So versuchte Charles Baudelaire, der Autor der "Blumen des Bösen", die Symptome seiner Syphilis zu lindern, indem er Absinth trank. Später gesellten sich dann noch so illustre Namen wie Pablo Picasso und (genau!) Ernest Hemingway hinzu, um nur die berühmtesten "moderneren" Absinthtrinker zu nennen.
Irgendwie kam es dann jedoch, wie es wohl kommen musste – Absinth geriet endgültig in Verruf und es kam schrittweise zum fast weltweiten Verbot, was sicher auch den Weinproduzenten nicht gerade ungelegen kam. Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich eine Gegenbewegung zum Absinthkonsum entwickelt, die immer stärker wurde. Zudem löste der billige Absinth mit seinem hohen Alkoholanteil tatsächlich soziale Probleme aus, weil seine Konsumenten schnell abhängig wurden. Da es sich zudem meist wirklich um "Fusel" mit hohem Schadstoffgehalt handelte, war auch eine gesundheitliche Gefährdung durch den Konsum nicht an den Haaren herbeigezogen. So kam es unter anderem in der Schweiz zu einer Volksabstimmung, bei der die Mehrheit für ein Verbot stimmte. In den öffentlichen Diskussionen um den Absinth ging es jedoch meist sehr emotionsgeladen und unsachlich zu – mit der Folge, dass die Gefahren und Wirkungen der Spirituose stark verzerrt und übertrieben wurden. Aber das ist, wie man so schön sagt, "Geschichte" – es wurde alles gut und heutzutage kann man Absinth trinken, ohne Bedenken haben zu müssen, was auch durch einige wissenschaftliche Studien belegt ist.
Wie trinkt man Absinth? – die bekannten Trinkrituale
Kommen wir nun zu den besonderen Trinkritualen, die sicher auch zur Mythenbildung rund um den Absinth beigetragen haben. Es handelt sich dabei um die "Schweizer", die "französische" und die "tschechische" Methode, die wir kurz vorstellen wollen. Halte schon einmal die erforderlichen Hilfsmittel bereit: Absinthlöffel, Absinthglas, ein Stück Zucker und ein Feuerzeug ...
Die "Schweizer Methode"
Die "Schweizer Methode" ist das einfachste nur denkbare Trinkritual (wenn man den Genuss von purem Absinth einmal außen vor lässt): Man vermischt einfach zwei bis vier Zentiliter Absinth mit kaltem Wasser – fertig.
Um die Schweizer Methode auszuprobieren, empfehlen wir La Fée X S Absinthe SUISSE. Kenner genießen diese exklusive hellblaue Variante mit komplexem Charakter und weichem Geschmack über Eis gegossen und anschließend mit Eiswasser aufgefüllt, wobei ein Teil Absinth mit 3–4 Teilen Eiswasser verdünnt wird.
Die "französische Methode"
Bei dieser Methode, mit der man den hier gebührend erwähnten Bohemiens nacheifern kann, legt man ein Stück Zucker auf einen jener bizarr geformten Absinthlöffel (wie etwa den ABSINTE Artemisia) und platziert diesen auf dem Rand des mit Absinth gefüllten speziellen Absinthglases, das ebenfalls durch seine besondere Form auffällt. Dann gießt man Wasser über den Zucker, was dem Inhalt des Glases eine opalgrüne Farbe verleiht. Nach Gusto darf man dem Absinth vorher ruhig zerstoßenes Eis hinzufügen.
Die "tschechische Methode"
Dieses Trinkritual (auch Feuerritual genannt) hat das Bild des Absinthgenusses stark geprägt, obwohl es sich dabei um eine Marketingidee tschechischer Produzenten aus den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts handelt. Ein bis zwei Zuckerwürfel werden mit Absinth getränkt und wie zuvor auf den Absinthlöffel über dem Glas platziert. Dann zündet man den Zucker an und wartet, bis er karamellisiert und Blasen wirft. Wichtig! Du musst den Zucker unbedingt löschen, bevor du ihn in den Absinth gibst, weil dieser sich andernfalls entzünden könnte!
Der Unerschrockene mag es pur
Wer es "stark" bevorzugt, wird den Absinth auch pur genießen wollen – und darf dies auch tun, wobei etwas hinzugefügte Minze einen sehr schönen Effekt bewirkt. In diesem Zusammenhang wollen wir auch L'Extrême d'Absente Absinthe nicht vergessen, eine hocharomatische Essenz der "Destilleries et Domaines de Provence", bei der es sich um ein Absinthkonzentrat handelt, das man mit der beiliegenden Pipette tropfenweise zum eigentlichen Absinth hinzufügen kann, um diesem das gewisse Etwas zu verleihen oder um Cocktails und Longdrinks zu verfeinern. Pur sollte man das Konzentrat wegen seines hohen Gehaltes an Thujon allerdings nicht zu sich nehmen!
Zwei empfehlenswerte Absinthe
Abschließend wollen wir noch kurz zwei besondere Absinthe vorstellen, damit du dich sofort ans Werk machen kannst, den Mythos selbst zu ergründen.
1. Rodnik's Cannabis Absinthe
Bei diesem Absinth von Rodnik's handelt es sich um eine seltene Spezialität, für die der Hersteller auf eine besondere Kombination von Inhaltsstoffen zurückgreift: Neben Wermut (und weiteren Kräutern, die allerdings geheim sind) kommt auch ein Hanfauszug ins Spiel. Daher duftet die mintgrüne Spirituose nicht nur nach Kräutern, sondern verströmt auch einen Hauch von Hanf. Diese aus vielen Gründen höchst interessante, nicht-berauschende Variante der Pflanze Cannabis sativa sorgt aber auch geschmacklich für ein ungewöhnliches und herrliches Erlebnis – eine geschmeidige Mischung seines eigenen Aromas mit Wermut und Anklängen an die weiteren enthaltenen Kräuter.
2. Grüne Fee Absinth
Diese Grüne Fee ist im Glas wirklich so giftgrün, wie es der Mythos verlangt. Mit einem hohen Anteil an Wermut, jedoch ohne Verwendung von Anis hergestellt, schmeckt dieser frisch nach Kräutern duftende Absinth deutlich nach Wermut, veredelt die Erfahrung für den Gaumen aber noch mit interessanten Noten von Salbei, Melisse und Veilchenwurzeln, bevor er sich mit einem lang anhaltenden Abgang verabschiedet.
Damit verabschieden auch wir uns für dieses Mal und hoffen, dass dieser Artikel auch bei dir lang anhaltend wirkt.