Welche Spirituosen aus Mexiko gibt es außer Tequila?
Wer Mexiko noch immer nur mit Sombreros, Tacos und Tequila verbindet, der lässt sich die enorme Vielfalt mexikanischer Kultur entgehen. Nachfolgend wollen wir uns ansehen, wie mexikanischer Alkohol die Welt erobert, und vor allem, wie er schmeckt. So viel können wir verraten: Es wird "muy" lecker.
Mezcal
Wer von Alkohol aus Mexiko spricht, muss auch Mezcal erwähnen, da es sich bei den meisten hier vorgestellten Spirituosen (und selbst bei Tequila) um Mezcal handelt. Er wird aus dem Fruchtfleisch von 40–50 Agavenarten (von insgesamt ca. 200) hergestellt, weshalb er extrem vielfältig ist, was den Geschmack und auch das Aussehen betrifft. Tequila wird beispielsweise nur aus der blauen Agave tequilana hergestellt. Generell unterscheidet man sechs Arten von Mezcal:
• Joven: weiß, maximal zwei Monate gelagert
• Reposado: mindestens 60 Tage in Holzfässern gelagert
• Añejo: mindestens ein Jahr in Fässern mit einem maximalem Volumen von 350 Litern gelagert
• Abocado: gar nicht oder nur kurz gelagert, aber mit Farb- oder Aromastoffen versetzt
• Madurado en Vidrio: mindestens 12 Monate in Glas gelagert
• Destilado con (Pechuga): wird mit anderen Zutaten wie Früchten oder Hähnchenbrust (!) in der Destille aromatisiert, um Mezcal Pechuga herzustellen
Der würzig-rauchig und süßlich schmeckende Mezcal wird meist pur und ungekühlt getrunken. Man isst dazu oft kleine Snacks wie Früchte, Süßes, Chilisalz oder frittierte Heuschrecken. Mittlerweile Kult geworden ist der Tequila mit Wurm (eigentlich eine Schmetterlingsraupe), den man in manchen Mezcal-Flaschen wie dem Oro de Oaxaca Mezcal with Agave Worm 40 % findet. Dieser ist als Marketinggag in den 50er Jahren in den Mezcal gelangt und trägt nicht zum Geschmack bei. Abgefahren aussehen tut er aber schon.
Obgleich Mezcal aus so viel verschiedenen Agavenarten produziert werden kann, ist doch die Art der Herstellung der wichtigste Faktor für den Geschmack und die Qualität des Endproduktes. Deshalb wollen wir uns im Folgenden die drei Arten der Herstellung von Mezcal etwas genauer ansehen.
Mezcal (industriell)
Die industrielle Herstellung von Mezcal unterliegt keiner der auf einer traditionellen Herstellung beruhenden Bestimmungen und erfolgt mit moderneren Verfahren maschinell und in einem großen Maßstab. Ein Beispiel für einen gelungenen industriell hergestellten Mezcal ist der Zignum Mezcal Añejo 100 % Agave 38 %. Dieser mehrfach ausgezeichnete Añejo reift über mehrere Monate in französischen Eichenholzfässern und besticht durch einen charakteristisch holzigen Geschmack.
Mezcal ancestral
Der Mezcal ancestral wird handwerklich hergestellt und ist die am strengsten regulierte Kategorie. Die Agaven werden ausschließlich in eingemauerten unterirdischen Öfen gekocht. Er wird von Hand oder mit einer Tahona (chilenische Mühle) gemahlen und in kleinen Holz- oder Tonfässern, Tierhäuten oder Erdlöchern fermentiert. Die Destillation erfolgt in Ton.
Mezcal artesanal
Auch der Mezcal artesanal wird handwerklich hergestellt. Die Produktion erfolgt in ähnlicher Weise wie die des Mezcal ancestral, allerdings darf das Mahlen auch mechanisch erfolgen. Destilliert wird in Kupfer, Steinöfen oder geschlossenen Ton- und Steinöfen. Ein geschmacklich vorzügliches Exemplar ist der Topanito Mezcal Artesanal Blanco 100 % Mague Espadín 52 %. Der aus der Espadín Agave hergestellte Mezcal ist besonders mild und fruchtig, mit Noten von Mango, Wacholder, Koriandersamen und Grapefruit.
Sotol
Sotol ist technisch gesehen kein Mezcal, da er nicht aus Agaven, sondern aus Dasylirien hergestellt wird, genauer gesagt aus den gekochten Kernstücken des Spargelgewächses. Nach dem Kochen und Zerkleinern wird das "Honigwasser" herausgepresst und mit Hefe fermentiert. Der daraus entstehende milchige Brei wird dann zwei- bis dreimal destilliert. Sein Geschmack hängt vornehmlich von der verwendeten Dasylirienart und der Lagerung ab. Auch hierbei findet eine Unterteilung in Joven/Blanco, Reposado und Añejo statt.
Ein Sotol ganz nach unserem Geschmack ist der Hacienda de Chihuahua Sotol Añejo mit Blattgold 38 %. Dieser edle Sotol schmeckt leicht süßlich, untermalt von subtilen Raucharomen und eignet sich hervorragend für besondere Anlässe.
Bacanora
Bacanora, der “Mexican Moonshine”, ist ein Mezcal, der aus der Agave angustifolia hergestellt wird und tatsächlich erst seit 1992 wieder legal ist; davor war er 77 Jahre lang verboten. Dieser Agavenschnaps ist allerdings viel, viel älter. Aufgrund der langen Zeit der Prohibition fehlen aber Aufzeichnungen über die Geschichte des Bacanora und somit bleibt der genaue Ursprung unbekannt. Eine Spirituose, die 77 Jahre der Prohibition übersteht, muss zumindest ziemlich lecker sein – und tatsächlich glänzt Bacanora mit dem typisch rauchigen Mezcal-Geschmack und ausgeprägter Süße, wartet oft aber auch mit Minzaromen und einem Hauch von Eukalyptus auf.
Raicilla
Raicilla oder Raisilla ist eine weitere aus Agavenherzen gebrannte Spirituose, die bereits seit über 500 Jahren im mexikanischen Bundesstaat Jalisco produziert und getrunken wird. Die verwendeten Agavenarten sind Agave inaequidens und Agave maximiliana. Die Herzen werden – anders als bei Mezcal – oberirdisch in Öfen gekocht, weshalb Raicilla weniger rauchig schmeckt. Raicilla ist geschmacklich äußerst vielseitig, oft jedoch eher Richtung Tequila zu verorten, mit pfeffrigen und leicht blumigen Noten.
Mexikanischer Likör
Der Casa D'Aristi XTA Xtabentún Liqueur 35 % ist ein mexikanischer Alkohol der Extraklasse, der aus Anissamen, fermentiertem Honig sowie Blüten der Pflanze Turbina corymbosa (Xtabentún) hergestellt und mit Rum verfeinert wird. Bereits die Mayas kannten und nutzten die Pflanze Xtabentún, was so viel wie "auf dem Fels wachsende Schlingpflanze" bedeutet. Aus dieser stellten sie ein Getränk namens Balché her, das als Vorläufer des Xtabentún-Likörs gilt und aufgrund der psychotropen Eigenschaften der Samen von Turbina corymbosa womöglich auch halluzinogene Eigenschaften hatte. Beim Genuss des mehrfach ausgezeichneten Xtabentún Liqueur halluziniert man jedoch höchstens die Wärme der mexikanischen Sonne herbei. Er eignet sich zudem hervorragend als Aperitif zu mexikanischem Essen.
Kahlúa
Spätestens seit dem Dude in The Big Lebowski und seiner Vorliebe für White Russian, findet man den Kahlúa in jeder gut sortierten Hausbar. Der Kahlua ist ein mexikanischer Kaffeelikör, den man pur, auf Eis oder als Schuss in Kaffee genießen kann, aber natürlich wird er meistens in Kombination mit Milch oder Sahne sowie Vodka genutzt. Er wird aus feinstem Arabica-Kaffee hergestellt und verzückt weltweit die Gaumen seiner Konsumenten mit leckerem Kaffeegeschmack und dezenten Vanille- und Karamellaromen.
Pulque
Pulque ist ein milchig-trübes Getränk aus fermentiertem Agavensaft, das zwar keine Spirituose ist, da es nicht destilliert wird, aber in Mexiko als Nationalgetränk gilt, weshalb wir es hier vorstellen wollen. Bereits die Azteken tranken dieses Getränk mit zwischen 2 bis 6 Vol. % Alkohol, weshalb es auch den Namen Aztekenbier und "Getränk der Götter" erhielt. Die genaue Herkunft ist allerdings unbekannt. Pulque kann aus verschiedenen Agavenarten (Agave salmiana) hergestellt werden, schmeckt für den europäischen Gaumen zunächst etwas merkwürdig süßlich, ist jedoch extrem nahrhaft und gilt als gesundheitsfördernd (vor allem für den Magen-Darm-Trakt) sowie belebend. Da er jedoch schnell verdirbt, ist Pulque außerhalb von Mexiko kaum erhältlich.
Somit endet unsere Exkursion in die so vielfältige wie leckere Welt von mexikanischen Alkoholika. Wer dabei bislang nur an eine Tequilaflasche mit rotem Sombrero gedacht hat, darf sich nun darauf freuen, in die Welt von Mezcal, Sotol, Raicilla und Pulque einzutauchen und ein Stück mexikanischer Kultur zu erleben. ¡Salud!