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123 28.06.2021

Cachaça – brasilianische Basis berühmter Cocktails

Rum oder doch kein Rum oder nur ein bisschen – ja, was denn nun?

Typische Cachaça-Merkmale

  • Destillation aus Zuckerrohrsaft oder Zuckerrohrsirup
  • meistens aufwendig zweifach destilliert unter Zugabe von Fermentationsbeschleunigern wie Mehl, Maisstärke oder Kleie
  • extra hinzugefügter Zucker: 30 g pro Liter nach erfolgter Destillation
  • Alkoholgehalt zwischen 38 % und 48 %
  • Herstellung ausschließlich in Brasilien

Typische Rum-Merkmale

  • Destillation aus Melasse
  • benötigt keinen Fermentationsbeschleuniger
  • Mindest-Alkoholgehalt von 37,5 %, kein oberes Limit
  • ohne weiteren Zuckerzusatz
  • bestimmter Herstellungsort nicht vorgeschrieben

Der Herstellung von Rum stehen mehrere Verarbeitungsoptionen zur Verfügung, der Cachaça-Herstellung dagegen nicht. Diese darf ausschließlich auf frisch gewonnenem Zuckerrohrsaft beruhen. Der meistens aus Melasse produzierte Rum jedoch darf alternativ aus Zuckerrohrsirup sowie frischem Zuckerrohrsaft hergestellt sein. Es wäre allerdings falsch, Rum aus frischem Zuckerrohrsaft mit Cachaça auf eine Stufe zu stellen. Vielmehr handelt es sich hierbei um sogenannten Rhum agricole, also eine zusätzliche Rum-Kategorie. Was diesen Rhum agricole darüber hinaus charakterisiert: Er darf einzig in Frankreich oder einem der französischen Übersee-Departements erzeugt werden.

Nochmals zur Erinnerung: Neben den jeweiligen Grundstoffen frischer Zuckerrohrsaft, Zuckerrohrsirup und Melasse definieren weitere Eigenschaften die Unterschiede – zum Beispiel Alkoholgehalt und Herstellungsort. So ließe sich Cachaça allenfalls noch als eine brasilianische Rum-Sorte darstellen. Aber würde ihr das gerecht werden? Das Feuerwasser, wie der Cachaça-Begriff ins Deutsche übersetzt bedeutet, ist nicht einfach nur eine Unterkategorie von vielen beim Rum. In Wahrheit nimmt Cachaça einen ganz speziellen Rang ein: Sie ist das brasilianische Nationalgetränk überhaupt.

Was genau ist eigentlich Melasse?

Es fällt leicht, sich von Zuckerrohrsaft und Zuckerrohrsirup ein Bild zu machen. Bei Melasse gelingt dies indes kaum, solange sich jemand mit diesem Stoff noch nicht näher befasst hat. Kurz gesagt handelt es sich bei Melasse um ein stetig anfallendes Nebenprodukt bei der Herstellung von Rohrzucker. Diese Herkunft erklärt, weshalb Melasse Rumsorten ein mehr oder weniger ausgeprägtes süßes Karamellaroma verleiht. Auf Zuckerrohrsaft und Zuckerrohrsirup basierende Spirituosen fallen dagegen eher trocken, also weniger süß, dafür fruchtbetonter oder würziger aus. Obwohl Melasse kein direktes Erzeugnis aus Zuckerrohr ist, sondern ein industrielles Nebenprodukt in der Zuckerherstellung, ist Melasse keineswegs minderwertig. Sie ist einfach nur etwas anderes. Letztendlich bestimmt der persönliche Geschmack, was gefällt. Und guter Rum ist ja wohl über jeden Zweifel an seiner Qualität erhaben. Doch zurück zum brasilianischen Nationalgetränk.

Wie wird aus Zuckerrohrsaft Cachaça?

Die Grundzutat für den berühmten brasilianischen Schnaps ist das pure Zuckerrohr. Das heißt, dass nach der Ernte alle grünen Anteile abgeschnitten werden. Danach pressen spezielle Walzen das Zuckerrohr gründlich aus. Der dabei austretende Zuckerrohrsaft wird in einem Gärbottich aus rostfreiem Stahl aufgefangen. Bei der anschließenden Gärung erübrigt sich die Zugabe von Gärhefe, denn auf Zuckerrohr sitzen von Natur aus Hefepilze. Diese sind geradezu vernarrt in Zucker – Win-win-Situation also für beide Seiten: die Pilze und den Zuckerrohrsaft. Kräftige Unterstützung erfährt der Gärprozess zudem vom Tropenklima: Er benötigt nicht einmal 24 Stunden. Bereits in diesem Stadium beträgt der Alkoholgehalt vom Zuckerrohrsaft zwischen 15 % und 18 %.

Nun geht es ab in die Brennblase zur meist doppelten Destillation. Angestrebt wird fast immer ein milder Geschmack. Verantwortlich hierfür ist die Häufigkeit der Destillation: daher also lieber gleich zweimal statt nur einmal. Nach diesem Verarbeitungsschritt verfügt der Brand über eine Alkoholgehaltsspannbreite von 38 % bis 48 %. Sollte das obere Limit von 48 % überschritten werden – kein Problem: Mit der entsprechenden Zugabe von reinem Wasser verdünnt der Hersteller die Spirituose einfach auf die zulässige Trinkstärke. Ab hier ist der Cachaça verkaufsfertig. Er gelangt als ursprüngliche Variante günstig in die Läden. Nach der Pflicht steht jetzt in der Herstellung noch die Kür offen: Hochwertigere Cachaças für entsprechend mehr Kohle erfahren zusätzlich aufbauende Produktionsstufen. Vergleichbar mit edlen Weinen und ebenso Rum reifen sie monate- oder gar jahrelang in Holzfässern. Während Rum fast immer in Eichenholzfässern ruht, kann die Lagerung von Cachaça in Fässern vieler verschiedener Holzarten erfolgen. Man munkelt, es seien aktuell 22 Sorten einschließlich Tropenhölzern. Dabei gibt jedes Holz ein wenig von seiner natürlichen Farbe und seinem individuellen Aroma an seinen alkoholischen Inhalt ab.

Die Cachaça Produktion in Brasilien geschieht häufig noch auf traditionelle Art in ungezählten kleinen Brennereien. Es sollen ca. 30.000 Kleinbetriebe sein. Sie befinden sich vor allem in den Regionen Rio de Janeiro, Alagoas, Pernambuco, Bahia und Minas Gerais. Die Erzeugnisse solcher handwerklichen Manufakturen verbleiben praktisch komplett in Brasilien. In die EU und damit zu einem großen Teil nach Deutschland gelangen die bekannten Cachaça-Marken größerer Hersteller, beispielsweise Canario, Velho Barreiro, Nêga Fulô, Ypióca und – last, but not least – Cachaça Pitú.

Was ist das Besondere an Cachaça Pitú?

Was hat es mit der Cachaça-Variante Pitú auf sich, die im Regal mit ihrem rot-schwarzen Etikett und der ikonischen Garnele nach Aufmerksamkeit ruft und diese auch bekommt? Anders als oft geglaubt, entstammt Pitú keiner außergewöhnlichen Herstellungsart und ist auch keine exklusive Premium-Cachaça. Pitú ist „bloß“ eine Cachaça-Marke – nicht mehr. Trotzdem scheiden sich am Pitú gelegentlich die Geister. Der Grund dafür: Pitú entstammt niemals traditionellen Herstellungsverfahren kleiner Betriebe mit Kupferbrennblasen, sondern wird ausschließlich industriell als Massenprodukt gefertigt. Pur getrunken, imponiert Pitú mit einem starken, süßen und brennenden Geschmackseindruck, den manche lieben, andere allerdings als schon aggressiv empfinden. Es ist also vorrangig Geschmackssache, inwieweit Pitú gefällt. Dies gilt jedoch für sämtliche anderen Cachaças ebenso.

Trotz Massenproduktion hat Pitú seine Seele behalten. Jawohl, diese Cachaça-Marke ist durchaus mehr als eine lediglich geschickt vermarktete Spirituose. Der brasilianische Schnaps mit dem Garnelen-Emblem bringt seine eigene Geschichte mit. Danach liegt sein Ursprung im Nordosten von Brasilien, wo ihn einst 1938 zwei Herren namens Cândido Carneiro und Ferrer de Morais kreierten. Seinen Namen Pitú erhielt der Schnaps von der gleichnamigen Süßwassergarnele, die sich in mehreren Flüssen Brasiliens zahlreich tummelt, so auch nahe dem heutigen Hauptwerk des Unternehmens. In den 1980er-Jahren schaffte es die Garnelen-Cachaça bis nach Deutschland, wo sie in vielen Regionen über lange Zeit einen Cachaça-Status mit Alleinstellungsmerkmal innehatte.

Cachaça-Trinkgenuss: selten solo

Egal, welche Cachaça-Sorte: Pur wird sie selten getrunken – weder in ihrem Herkunftsland Brasilien noch in Europa. Damit unterscheidet sie sich von den vielen Rumsorten, die sowohl original für sich als auch als Zutat in Heißgetränken, Longdrinks oder Cocktails geschätzt sind.

Zwei Cachaça-Cocktail-Rezepte sind weltberühmt: Caipirinha und Batida de Coco. Prinzipiell eignet sich der brasilianische Zuckerrohrschnaps für zahlreiche weitere alkoholische Kreationen. Dabei kann eine Cachaça-Einheit oft eine vergleichbare Zutat in einem anderen Cocktail-Rezept ersetzen, zum Beispiel weißen Rum oder Vodka. Natürlich schmeckt der Drink dadurch anders, was Abwechslung bedeutet oder sogar einen geschmacklichen Vorteil. Cachaça–Experimente lohnen sich – einfach mal mutig loslegen!

Obwohl als Drinks so beliebt, kennen viele nicht ihr Rezept: Caipirinha und Batida de Coco. Der Griff zur Flasche mit der fertigen Mischung ist bequem, aber auch beliebig. Dabei ist das Caipirinha-Selbermixen gerade hier wunderbar unkompliziert. Und eine gekaufte Flasche Batida de Coco ist mit wenigen Handgriffen zu einer individuellen Köstlichkeit aufgemotzt. Die Rezepte gelten pro Glas:

Rezept für Caipirinha

Zutaten


Nur vier Zutaten benötigt der populäre brasilianische Cocktail. Hier das Rezept für ein Glas Caipirinha:

  • 1 Limette
  • 2 Teelöffel Rohrzucker
  • 6 cl Cachaça
  • Eiswürfel

So gehts:


Die Limette gründlich lauwarm abwaschen und vierteln. In ein Glas geben und den Rohrzucker drüberstreuen. Nun von einem der Limettenviertel im Glas den Saft ausdrücken, die ausgepresste Schale entsorgen, den Cachaça-Anteil zum Limettensaft und den übrigen drei Limettenvierteln gießen und alles gut mischen. Zum Schluss die Eiswürfel dazu und die Erfrischung genießen.

Tipp für eine Caipirinha-Variation: Wer eine Caipirinha probiert hat, weiß, wie alle anderen schmecken? Von wegen! Wer hat bloß dieses Gerücht in die Welt gesetzt? Er oder sie sollte künftig nur noch mieseste Caipirinha-Imitate aus minderwertigstem Fusel vorgesetzt bekommen, da seine Geschmackspapillen offenbar hoffnungslos verrottet sind oder – Nun wird's richtig schlimm! – hinter so einer Behauptung ein boshafter Charakter steckt. Natürlich gibt es ein Grundrezept für Caipirinha: Schließlich sind mit diesem Kultgetränk bestimmte Erwartungen der Konsumenten verbunden. Trotzdem ist es nicht verboten, ein Caipirinha-Rezept etwas abzuwandeln. Auch variieren die Mengen der Zutaten und auch die Grundstoffe sind nicht zu 100 % identisch. Eine Caipirinha ist eine Caipirinha... aber jede auf ihre eigene Art. So!

Wer aus dem Meer der Angebote für Caipirinhas herausragen möchte, hat noch einen Versuch frei: die Caipirinha Pitú. Die spezielle Bezeichnung deutet das besondere Genusserlebnis schon im Voraus an. Die bereits erwähnten markanten Geschmackseigenschaften des Pitú verleihen dieser Caipirinha ihre spezielle Note. Die Zubereitung erfolgt wie im obenstehenden Rezept, nur dass ein Pitú den herkömmlichen Cachaça-Schnaps ersetzt. Saúde!

Rezept für Batida de Coco

Zutaten


Der angesagte brasilianische Longdrink Batida de Coco kommt ebenfalls mit nur vier Zutaten aus:


Zubereitung:


Die flüssigen Zutaten in ein mindestens 15 cl fassendes Glas für Longdrinks gießen und gründlich miteinander verrühren. Das gestoßene Eis dazugeben und sich schmecken lassen. Optional kann der Drink mit ein paar Kokosraspeln oder Kokoschips ergänzt werden.

Cachaça-Spezialist werden

Obwohl in Deutschland so beliebt, ist Cachaçae vor allem als Caipirinha-Zutat bekannt. Die Produktqualität scheint beinahe nebensächlich. Dabei lohnt es sich, verschiedene Marken zu probieren und sich so zu den persönlichen Favoriten durchzuschmecken. Warum nicht analog zum allseits angesehenen Weinkenner ein Cachaçakenner werden und andere für das brasilianische Nationalgetränk begeistern? Ob pur, als Cocktail, im Longdrink oder sogar als raffinierte Zutat in feinen Speisen: Ein Cachaça-Spezialist beeindruckt mit außergewöhnlichen Kenntnissen und bleibt in positiver Erinnerung.

 
 
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