11 18.01.2023

Absinth-Wirkung bei Frauen: Dem Mythos auf der Spur

Es heißt seit Jahrhunderten, Absinth steigere die sexuelle Lust. Wir prüfen diese These und decken die Wahrheit hinter dem Mythos um die „grüne Fee“ auf.

Absinth als Aphrodisiakum: Ist die Absinth-Wirkung bei Frauen wirklich luststeigernd?

Als Aphrodisiaka bezeichnet man Substanzen, die zur Steigerung des Geschlechtstriebs und der Potenz eingesetzt werden. Über die Wirksamkeit dieser Mittel besteht Uneinigkeit. So verhält es sich auch mit der Absinth-Wirkung bei Frauen. Die Online-Zeitschrift WELT titelt in einem ihrer Artikel über die Geschichte des Absinths: „Dieser Trank macht Frauen willig, Männer schwach“.

Liebhaber der „grünen Fee“, wie Absinth seit Jahrhunderten auch genannt wird, sind mit Aussagen wie jene in dem Artikel der WELT vertraut und geben diese vereinzelt weiter. Damit erhalten die Menschen selbst von Generation zu Generation den Mythos um die luststeigernde Wirkung des Absinths aufrecht. Es stellt sich die Frage: Ist an den jahrhundertealten Behauptungen rund um die Absinth-Wirkung bei Frauen etwas Wahres dran? Ein Blick auf die Inhaltsstoffe der Spirituose soll Klarheit verschaffen.

Im Absinth gibt es zwei Inhaltsstoffe, die mit Blick auf eine potenziell aphrodisierende Wirkung bei Frauen von Belang sind. Der eine Inhaltsstoff ist Alkohol, doch dieser ist in jedem alkoholischen Getränk enthalten und macht den Absinth auf den ersten Blick nicht zu etwas Besonderem. Wohl bemerkt: Auf den ersten Blick! Später mehr Infos dazu, welche Rolle der Alkohol hier spielt. Fürs Erste widmen wir uns dem Inhaltsstoff Thujon – ist dieser etwa der Türöffner zu prickelnd erotischen Nächten dank Absinth-Wirkung bei Frauen?

Thujon: Ein Nervengift, dessen Maximalgehalt in alkoholischen Getränken reguliert ist

Im Absinth ist das Nervengift Thujon enthalten, das aus Wermutöl gewonnen wird. Wermutöl wiederum stammt von der Wermutpflanze, die als Zutat bei der Herstellung von Absinth Anwendung findet. Verursacht der Wermut also die Absinth-Wirkung bei Frauen? Grundsätzlich wird zwischen dem aktiveren α-Thujon und dem weniger aktiven β-Thujon unterschieden, wobei α-Thujon der psychotrope Wirkstoff ist. Unter „psychotrop“ ist zu verstehen, dass α-Thujon auf die Psyche wirkt. Im Absinth sind sowohl α-Thujon als auch β-Thujon zu finden.

Doch Vorsicht! Wer nun meint, dass mit der psychotropen Wirkung des im Absinth enthaltenen α-Thujon auch die potenziell luststeigernde Absinth-Wirkung bei Frauen nachgewiesen wäre, befindet sich auf dem falschen Pfad. Es existiert nämlich für in Deutschland gehandelte Absinthe ein gesetzlicher Grenzwert in Höhe von 35 mg/l für Thujon in alkoholischen Getränken. Bis zu diesem Grenzwert hinterlässt das Thujon im Absinth keine Wirkung – so zumindest der aktuelle Stand der Wissenschaft.

Eine Überschreitung des Grenzwerts von 35 mg/l Thujon in Absinthen wäre ein Gesetzesbruch und ist somit höchst unwahrscheinlich. Noch interessanter ist ein Blick auf Absinthe aus dem vergangenen Jahrhundert, denn in den von Forschern untersuchten Absinthen aus besagtem Jahrhundert ließen sich bisher keine höheren Thujon-Gehalte als 25 mg/l feststellen. Ist somit der gesamte Mythos um die aphrodisierende Absinth-Wirkung bei Frauen widerlegt? Wir blicken auf der Suche nach einer Antwort näher auf die psychotrope Wirkung des Thujons.

Löst das psychotrope Thujon die besagte Absinth-Wirkung bei Frauen aus?

Nehmen wir mal an, dass in den zwei bis drei Jahrhunderten, in denen die Absinth-Wirkung bei Frauen beobachtet wurde, auch Getränke mit einem höheren Thujon-Gehalt als 35 mg/l existierten und Personen diesen Absinth mit stärkster Wirkung tranken.
Zusätzlich gehen wir davon aus, dass Personen vor zwei Jahrhunderten mehrere Liter Absinth pro Woche zu sich nahmen, sodass sie trotz des geringen Thujon-Gehalts pro Liter eine wirksame Dosis an Thujon zu sich nahmen.

Unter diesen beiden Annahmen lohnt es sich immerhin, sich mit der potenziell psychotropen Wirkung des Thujons als mögliche Erklärung der Absinth-Wirkung bei Frauen zu befassen. Spektrum.de bezeichnet Thujon im Lexikon der Neurowissenschaft als Ursache für die durch Absinth verursachten Vergiftungserscheinungen, die unter dem Überbegriff „Absinthismus“ zusammengefasst werden. Im Lexikoneintrag von Spektrum.de über Absinthismus lesen sich dessen Konsequenzen wie folgt:

  • Erhöhung des Wohlbefindens
  • Optische und akustische Halluzinationen
  • Tiefe Depressionen
  • Epilepsie-ähnliche Krämpfe
  • Schwere Stoffwechselstörungen
  • Schädigung der Leber

Es ist sogar von einem völligen körperlichen und geistigen Verfall die Rede. Doch Moment: Reden wir hier wirklich noch von einer Absinth-Wirkung bei Frauen oder von einem anderen Krankheitsbild?

Was bei den Symptomen des Absinthismus auffällt, ist, dass diese den Nebenwirkungen eines übermäßigen und häufigen Alkoholkonsums ähneln oder sogar mit denen identisch sind. So sieht es auch der Großteil der Wissenschaftler heutzutage, der dem Absinth seine psychoaktive Wirkung abspricht. Sie vermuten, dass der schon immer sehr hoch konzentrierte Alkohol den Absinth so wirkungsvoll gemacht habe. Somit ist der Absinthismus womöglich nichts anderes als ein Alkoholismus gewesen, den die damalige Gesellschaft nicht als solchen erkannte. Aber was bedeutet das für die Absinth-Wirkung bei Frauen?

Letzten Endes mag Thujon ein psychotroper/psychoaktiver Wirkstoff sein, doch es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es jemals das Thujon gewesen sei, das eine besondere Absinth-Wirkung bei Frauen oder allgemein beim Menschen zur Folge gehabt hätte. Stattdessen kommt ein berechtigter Verdacht auf, dem wir auf der Suche nach der tatsächlichen Absinth-Wirkung nachgehen möchten: Verfielen die Personen vor 200 bis 300 Jahren möglicherweise einem hemmungslosen Alkoholrausch und war eventuell der hohe Alkoholgehalt des Absinths für dessen starke Wirkung verantwortlich?

Der übliche Verdächtige: Ist der Alkohol Schuld an der besonderen Absinth-Wirkung bei Frauen?

Echter Absinth, so wie er seinen Ursprung fand, verzeichnet einen Alkoholgehalt von ca. 70 %, so wie unser Hills Absinth 70% vol. 0,7l. Absinth mit stärkster Wirkung kann sogar einen Alkoholgehalt von 90 % haben, was jedoch nur auf einen geringen Teil der Produkte zutrifft. So oder so steht fest: Absinth übersteigt den Alkoholgehalt diverser anderer Spirituosen und so mag besonders der Absinth Wirkung bei Frauen haben.

Damit haben wir die Besonderheit des Absinths gefunden: Alkohol, eine Substanz, die alle Spirituosen vereint, ist im Absinth in einer besonders hohen Konzentration vorhanden. Bei all den Mythen über Wermut, Salbei und anderer Kräuter sowie – später in der Wissenschaft – bei all den Debatten über die psychotrope Wirkung des Thujons, war es offenbar immer der Alkohol, der für die intensive Absinth-Wirkung bei Frauen verantwortlich war.

Wer ein Glas Absinth statt eines Glases Whisky trinkt, hat ungefähr das Anderthalbfache an Alkohol intus. Doch mehr noch: Verfolgt man die Ursprünge des Absinths bis nach Frankreich ins Ende des 18. Jahrhunderts, so zeigt sich, dass Absinth neben Wein das einzige alkoholhaltige Getränk war, das in breiten Kreisen der Gesellschaft – von arm bis reich, von schick bis derb – Zuspruch fand.

Vom durchschnittlich 12 bis 14,5 % -haltigen Rotwein zum ca. 70 % -haltigen Absinth war es für die Franzosen, die hauptsächlich den Weinkonsum pflegten, ein enormer Sprung in Sachen Alkoholkonsum. Abgesehen von den üblichen Mengen Rotwein konsumierten sie zusätzlich Absinth, wodurch der Umgang mit Alkohol in breiten Teilen der Gesellschaft verantwortungslos wurde. Dies wurde sogar durch die Werbemaschinerie gefördert, die für das Modegetränk mächtig die Werbetrommel rührte und dieses sogar als Heiltrank inszenierte.

Außerdem galt Absinth in Frankreich als ein Genussmittel, für dessen Konsum sich auch eine Dame aus feiner Gesellschaft nicht zu schämen brauchte. Nun beantwortet sich die Frage unseres Artikels fast von selbst: Gibt es eine spezielle Absinth-Wirkung bei Frauen? Ja, denn Absinth hat in der Regel einen deutlich höheren Alkoholgehalt als andere Spirituosen und Alkohol im Allgemeinen übt eine starke Wirkung auf den weiblichen Organismus aus. Allerdings wird er zweifelsohne wohl auch auf das andere Geschlecht eine merkliche Wirkung gehabt haben.

Nicht Thujon, sondern Alkohol ist des Rätsels Lösung. Der übliche Verdächtige also.

Stärkere Wirkung von Alkohol bei Frauen

Es gibt durchaus Frauen, die mehr Alkohol als Männer vertragen. Allerdings ist dies nicht die Regel, wie zahlreiche Quellen, beispielsweise die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), mitteilen und begründen. Hierin wird darauf verwiesen, dass Frauen einen geringeren Anteil an Körperflüssigkeit haben, wodurch mehr Alkohol ins Blut gelangt.

Konsumieren die durchschnittliche Frau und der durchschnittliche Mann je zwei Gläser Absinth, so wirkt der Absinth bei Frauen stärker als bei Männern, da ein höherer Alkoholgehalt im Blut vorliegt. Des Weiteren haben Frauen in der Regel weniger Körpermasse als Männer, sodass sich der Alkohol auf eine kleinere Körpermasse verteilt und stärker als bei Männern wirkt. Ein weiterer wichtiger Punkt im Vergleich der Absinth-Wirkung bei Frauen und Männern: Der Anteil der Enzyme, die für den Abbau von Alkohol zuständig sind, ist bei Frauen geringer.

Mit diesen Informationen im Hinterkopf und dem Wissen um den hohen Alkoholgehalt von Absinth lässt sich nachvollziehen, wie es zu den Erzählungen über die luststeigernde Absinth-Wirkung bei Frauen kommen konnte: Frauen reagierten auf den Alkohol stärker als Männer, was sich anhand deren körperlicher und physiologischer Konstitution nachvollziehen lässt. Der anscheinend besonders hohe Absinth-Konsum im Frankreich des 19. Jahrhunderts verstärkte wahrscheinlich den Unterschied zwischen der Absinth-Wirkung bei Frauen und bei Männern, trug mutmaßlich dazu bei, dass ein Mythos um eine aphrodisierende Wirkung des Absinths entstand. Da Alkohol enthemmend, entspannend und euphorisierend wirken kann, ist es denkbar, dass tatsächlich der Eindruck entstand, Absinth wirke luststeigernd. In der heutigen, aufgeklärten Gesellschaft ist diese Aussage allerdings nicht haltbar.

Es ist klar, dass Absinth Wirkung bei Frauen hat, aber eben genauso auch bei Männern. Diese Wirkung ist ausschließlich auf den außerordentlich hohen Alkoholgehalt zurückzuführen. Dementsprechend greift heutzutage sehr wahrscheinlich ein geringerer Anteil an Frauen zum Absinth als im Frankreich des 19. Jahrhunderts.

Somit ist prinzipiell keine besondere Absinth-Wirkung bei Frauen gegeben, solange diese nicht zu tief ins Glas blicken. Allerdings gilt diese Schlussfolgerung auch für Männer und ebenso für andere Arten von Spirituosen neben dem Absinth. Diese Feststellung entzaubert die Saga um die „grüne Fee“ zwar leicht, aber stiehlt ihr noch lange nicht die stolze Geschichte der letzten Jahrhunderte. Und auch nicht den unverwechselbaren Geschmack, der vor allem in Europa regelmäßig Liebhaber von Spirituosen verzaubert und zu einer Verköstigung des smaragdgrünen Trunks verleitet. Diese müssen sich nun um das enthaltene Thujon sowie die Absinth-Wirkung bei Frauen keine Sorgen mehr machen.

 
 
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