Das erste Bier der Welt – Die Frühgeschichte der Braukunst
Bevor wir in das Dunkel der Geschichte abtauchen, um dem Ursprung des Bieres auf die Spur zu kommen, wollen wir eine kurze Definition voran schicken, um deutlich zu machen, wovon wir reden: Unter Bier versteht man ein meist kohlensäurehaltiges alkoholisches Getränk, das gebraut, aber nicht destilliert wird. Es entsteht, wenn stärkehaltige Stoffe gären, wobei die Stärke beim Bier aus Getreide stammt. Dafür kommen praktisch sämtliche Getreidesorten infrage, auch der Reis, weshalb es sich beim Reiswein, um den es hier kürzlich ausführlich ging, ja eigentlich streng genommen ebenfalls um eine Art Bier handelt. Die Gerste ist die für die Herstellung von Bier am häufigsten verwendete Getreidesorte, weshalb man Bier manchmal auch "Gerstenkaltschale" nennt. Der Alkoholgehalt von Bier liegt in der Regel zwischen 4,5 und 6 %; wie allgemein bekannt, gibt es allerdings auch alkoholfreie Biere.
Muss die Steinzeit in "Bierzeit" umbenannt werden?
Während man "nur" einige Jahrhunderte zurückgehen muss, um zum Ursprung der meisten alkoholischen Getränke zu gelangen (der Wein bildet hier eine gewisse Ausnahme), legen neueste archäologische Entdeckungen nahe, dass der Mensch sein erstes Bier (also zu Alkohol vergorenes Getreide) bereits viele Jahrtausende früher gebraut hat – es wäre damit das älteste alkoholische Getränk, das jemals vom Menschen selbst hergestellt wurde.
Wie die intensive Analyse von Grabbeigaben in der israelischen Rakefet-Höhle in Israel ergab, geschah dies vor rund 13.000 Jahren und damit tatsächlich schon in der Steinzeit, als die Menschheit sich gerade erst anschickte, sesshaft zu werden! In besagter Höhle fand man in Gräbern unter anderem Steinmörser und Schalen, an denen man Spuren von gesammeltem Wildgetreide, Hülsenfrüchten und Bastfasern feststellte. Das eigentlich Überraschende an dieser Entdeckung ist, dass unsere entfernten Vorfahren das Bier wahrscheinlich bereits kannten, bevor sie die Kunst des Brotbackens erlernt hatten. Auf jeden Fall dürften die Frühmenschen der Levante, dem fruchtbaren Halbmond des Nahen Ostens, zufällig festgestellt haben, dass ihr gesammeltes Getreide sich, wenn es feucht wurde, durch Vergärung in Alkohol umwandelte, was sie ausgesprochen fasziniert haben muss. Zumindest setzten sie eine Entwicklung in Gang, die Bier Geschichte machen und zum wohl am weitesten verbreiteten alkoholischen Getränk der Welt werden ließ.
Bier in den frühen Hochkulturen – da braut sich was zusammen!
Bis zu den Funden aus der Rakefet-Höhle galten meist die Chinesen neben den Sumerern, die Erfinder der Keilschrift und Architekten monumentaler Bauten, als Pioniere der Biere. Während wir für noch frühere Zeiten auf die Interpretation archäologischer Funde angewiesen sind, haben wir durch schriftliche Zeugnisse die Gewissheit, dass zumindest die Sumerer rund 3.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung die Braukunst beherrschten, was jedoch nicht unbedingt heißt, dass sie ihr Bier auch tatsächlich tranken, denn bei ihrem "Gebräu" handelte es sich um vergorenes Brot, das eher Brei oder Suppe glich, die tatsächlich gelöffelt wurden. Allerdings erwiesen die Sumerer sich auf diesem Gebiet ebenfalls als einfallsreich, denn sie nutzten auch einen "Proto-Strohhalm", um an den puren Gerstensaft zu gelangen, ohne sich am Brotbrei zu verschlucken.
Nun waren die Sumerer beileibe nicht die einzigen Zeitgenossen, die sich dem altertümlichen Bierbrauen widmeten: Auch die Babylonier (die bereits 20 Sorten Bier gekannt haben sollen), Ägypter (dort galt Bier sogar als Grundnahrungsmittel), Römer und Germanen hatten vom Nutzen vergorenen Getreides Wind bekommen, wobei sich insbesondere die Germanen um den kulturellen Fortschritt verdient machten, denn sie perfektionierten das Brauverfahren. Anstatt ganze Brote zu vergären, ließen sie Getreidekörner systematisch keimen, die nach ihrer Trocknung mit Wasser aufgekocht wurden. Schon früh wurde Bier also eine Domäne des germanischen Sprachraumes in Mitteleuropa!
Mittelalter – Jetzt wird es "bierernst"
Auch das Mittelalter hält einige interessante Funfacts aus der Biergeschichte bereit, aus denen wir hier eine kurze Auswahl vorstellen wollen. Da wären zunächst wieder einmal die Mönche zu nennen, die – Not macht erfinderisch! – festlegten, dass nahrhaftes, selbst gebrautes Bier das Fasten nicht bricht. Aber auch außerhalb der Klostermauern war der Biergenuss in Europa vielerorts weit verbreitet; Bier gilt der Wissenschaft in manchen Regionen sogar als das "wichtigste Volksgetränk". Um ein vielsagendes Beispiel zu bringen: In den deutschsprachigen Gebieten nahm man zum Frühstück bis weit in das 19. Jahrhundert hinein eine warme Biersuppe aus Dünnbier zu sich, wobei dies nicht nur Erwachsene taten, sondern auch Kinder; galt Bier doch schließlich als nahrhaft und stärkend.
Allerdings unterschied sich mittelalterliches Bier noch sehr stark von unserem und schmeckte demzufolge auch gänzlich anders.
Während der heutzutage dominierende Hopfen nur vergleichsweise selten zum Einsatz kam, setzten damalige Bierrezepte zwar auch in der Hauptsache auf Malz, doch saß der gemeine Bierkonsument generell vor einer Biersuppe, die auch Kräuter wie beispielsweise Wacholder, Eichenrinde, Wermut und Enzian enthielt. Gelegentlich kam man sogar auf die Idee - no risk, no fun - auch Tollkirschen, Bilsenkraut, Stechapfel und Fliegenpilze als "Botanicals" zu nutzen.
Wie dem auch sei, jedenfalls brachte der Bier-Boom (allein in Hamburg gab es im Jahre 1376 457 Brauereien) auch die Herrschenden früh auf die Idee, mit entsprechender Besteuerung – hauptsächlich in den an Bedeutung gewinnenden Städten – vom Bier-Boom zu profitieren. Ebenso wurde die gesamte Angelegenheit auf verschiedene Weise reglementiert: Zunächst einmal verbot die Obrigkeit wegen der immensen Feuergefahr in vielen dicht bebauten Städten das private Brauen. Als beliebte Alternative richtete man stattdessen Gemeinschaftsbackhäuser ein, in denen nicht nur gemeinsam Brot gebacken, sondern auch Bier gebraut wurde. Damit manifestierte sich abermals die enge Beziehung zwischen gebackenem und vergorenem Getreide, die schon anfangs die Geschichte der Braukunst bestimmt hatte. Zum entscheidenden Element der Regulierung entwickelte sich jedoch das bekannte Reinheitsgebot von 1516, das jedem Untertan deutlich machte, dass man beim Bier keinen Spaß verstand, sondern die Sache "bierernst" nahm.
Kurzer Abriss der neuzeitlichen Entwicklung
Erst mit den Errungenschaften der im 19. Jahrhundert einsetzenden Industrialisierung betreten wir den Boden des modernen Bieres, wie wir es kennen.
Als besonders entscheidend erwies sich die Kältemaschine, eine bahnbrechende Erfindung des Münchners Carl von Linde, die sich rasch unter den Bierbrauern verbreitete und es erlaubte, untergäriges Bier herzustellen, bei dem die verwendete Hefe zu Boden sinkt. Dieses Verfahren setzte sich bald generell durch. Aber auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse wie die des bekannten Forschers Louis Pasteur, der ein besseres Verständnis des Gärprozesses etablierte, brachten die Braukunst entscheidend voran. Ein weiterer Meilenstein der Biergeschichte ist in der Etablierung der sogenannten "Pilsner Brauart" zu sehen. Kennzeichnend für diese Methode ist, dass das Malz bei niedriger Temperatur abgedarrt wird; eine anschließende langsame Gärung, die durch Lagerung in kalten Umgebungen erreicht wird, ist ebenfalls charakteristisch.
Über die Geschichte des Biers könnte man ganze Bücher schreiben, und wir hoffen, unsere kurzen (und wegen des beschränkten Rahmens zwangsläufig sehr lückenhaften) historischen Appetithäppchen haben Dir ebenso viel Spaß gemacht wie uns. Wie wäre es zur Abrundung mit einem kurzen Besuch in unserem kleinen, aber feinen Biersortiment? Wir würden uns freuen!