Woher stammt der Begriff "Cocktail"?
Wer unseren Blog regelmäßig verfolgt, wird bemerkt haben, dass wir nicht nur Spirituosen lieben, sondern auch ein großes Herz für die Sprache haben, – so haben wir uns beispielsweise ausführlich den Tasting Notes gewidmet, immer wieder gelungene Markennamen gewürdigt und sind der Herkunft bestimmter Begriffe nachgegangen, was wir auch im Rahmen unserer Cocktail Geschichte wieder tun werden. Doch kann die erste Verwendung des Begriffs "Cocktail" und damit sein "Erfinder" überhaupt dingfest gemacht werden? Wir werden sehen. Aber bevor wir uns bemühen, das Rätsel zu lösen, ein einleitender Blick auf die dunklen Zeiten, als es den Begriff "Cocktail" noch nicht gab.
Cocktails, bevor es Cocktails gab
Die Cocktail Geschichte – also die Geschichte des Mixens alkoholischer Getränke mit nicht-alkoholischen Zutaten, – beginnt eigentlich schon weit vor dem Zeitpunkt, als dieser Begriff geprägt wurde. In diesem Zusammenhang wird meist auf das 17. Jahrhundert verwiesen, – als man in England begann, sogenannte "Purls" zu mixen und zu trinken: Ale mit Wermut, was einen gesundheitlichen Nutzen bringen sollte. Bereits im 18. Jahrhundert war es besonders in der Region London üblich, Alkoholika unter anderem mit anderen Spirituosen, aber auch mit Zucker, Wasser und Ingwer zu vermischen, – womit quasi der „Proto-Cocktail“ erfunden war, der sich erst später auch in den USA durchsetzte. Anders als oft behauptet, liegt der Ursprung des Cocktails also nicht in den Vereinigten Staaten.
An dieser Stelle wollen wir noch erwähnen, dass gerade der Ingwer eine zentrale Zutat der "Proto-Cocktails" darstellte, was man im Gedächtnis behalten sollte, denn diese gesunde, aber auch scharfe Wurzel wird später in der Cocktail Geschichte noch einmal eine (wenn auch üble!) wichtige Rolle spielen.
Es lassen sich kurz gesagt zwei Hauptgründe für die Herstellung derartiger Purls benennen:
Vermeintlicher und tatsächlicher gesundheitlicher Nutzen: Der Gedanke, dass Alkohol, in Maßen genossen, durchaus der Gesundheit förderlich sein könnte, war auch vergangenen Jahrhunderten bereits bekannt. Das galt insbesondere, wenn er mit gesundheitsfördernden Zutaten vermischt wurde, wie etwa dem bereits erwähnten Ingwer. Ein ganz offensichtlicher Nutzen der Zugabe von Alkohol betraf zudem das in früheren Zeiten meist fragwürdige Trinkwasser, das durch hochprozentige Zusätze wirkungsvoll desinfiziert werden konnte.
Verbesserung des Geschmacks: Jenseits gesundheitlicher Überlegungen trieb in früheren Zeiten die Menschen schon allein die pure Verzweiflung dazu, zu wohlschmeckenden Zutaten zu greifen, um den pur nur schwer erträglichen Fuselgeschmack des damals noch recht minderwertigen Alkohols zu maskieren.
Die verschiedenen Theorien der Bezeichnung "Cocktail"
Für die meisten Menschen, deren Muttersprache nicht das Englische ist, dürfte die Bezeichnung "Cocktail" zunächst einmal nichts weiter sein als ein bloßer Name, der für sie nichts bedeutet. Englischen Muttersprachlern dagegen ist das Wort kein "böhmisches Dorf", sondern die englische Entsprechung von "Hahnenschwanz" – in der englischsprachigen Welt verbringt man also einen gepflegten Abend in einer "Hahnenschwanz-Bar" und sieht dem Barmixer bewundernd zu, wie er "Hahnenschwänze" ins Glas zaubert. Wie, bitte schön, kam dieser Name – was, wie man vermutet, im 18. Jahrhundert geschah – zustande, der auf den ersten Blick (und auch auf den zweiten!) so gar nichts mit einem alkoholischen Mixgetränk zu tun hat. Leider gibt es keine gesicherte Antwort auf diese Frage; allerdings sind einige mögliche Erklärungsansätze im Umlauf, die wir kurz vorstellen wollen.
Zunächst einmal gibt es einige Vorschläge, die durchweg einen tatsächlichen Zusammenhang mit besagtem Federvieh annehmen, wenngleich mit unterschiedlichen Details. Bei den im 18. Jahrhundert noch sehr populären Hahnenkämpfen hatte sich der Brauch herausgebildet, dass dem Besitzer des Siegerhahnes der "Cocktail" (also die Federn des im Kampf getöteten Kontrahenten) zustanden und man den Sieg mit einem Drink (und dem Trinkspruch "Let`s have a drink on this cock's tail") feierte, wobei der Siegestrunk bald selbst ebenfalls als "Cocktail" bezeichnet wurde. Ebenso ist die Deutung im Umlauf, die Drinks seien mit Hahnenfedern geschmückt worden, weshalb der Name also einen tatsächlichen Aspekt der Drinks beschrieben habe. Eine weitere Spekulation sieht die Namensgebung in der Tatsache motiviert, dass Mixgetränke mit verschiedenfarbenen Likören, die sich im Glas nicht vermischen, von der Seite betrachtet dem bunten Aussehen eines Hahnenschwanzes ähneln.
Ein ganz anderer Lösungsvorschlag ist auf sprachlichem Gebiet angesiedelt: Um auch während des Alkoholverbots weiterhin Hochprozentiges ausschenken zu können, soll ein französischer Apotheker in New Orleans der Idee verfallen sein, seine Drinks unverfänglich in Eierbechern zu servieren. Wer hier keinen Zusammenhang zum Begriff "Cocktail" herstellen kann, vergegenwärtige sich das französische Wort für "Eierbecher": Dieses lautet nämlich (genau!) "Coquetier", woraus sich im multilingualen Schmelztiegel des multikulturellen New Orleans sehr schnell die Verballhornung "Cocktail" entwickelt haben könnte.
Vereinzelt wird auch die "Pferdeschweif-Theorie" vertreten, auf die wir in der Überschrift hingewiesen haben. Hier wird es etwas komplizierter, allerdings mit einer überraschenden Wendung.
Begeben wir uns auf das Gebiet der Pferdezucht bzw. des Pferdehandels, dann stellen wir fest, dass es früher auch dort den Begriff "Cocktail" gab: Er bezeichnete Pferde, die nicht reinrassig waren und denen man als weithin sichtbaren Hinweis auf ihren genetischen "Mangel" den Schweif kürzte. In der Folge trugen die Tiere ihren verbliebenen Schweif höher – und zwar nach Art (genau!) eines Hahnenschwanzes.
Doch wie kommen wir von dieser Tierquälerei zu unseren alkoholischen Mixgetränken?
Hier kommt der Ingwer wieder ins Spiel: Auf den damaligen Pferdemärkten setzten Pferdehändler (sie erwiesen sich damit als die sprichwörtlichen „Rosstäuscher“!) unter anderem Ingwer ein, um „Cocktail-Pferden“, denen es wegen fehlender „Rasse“ etwas an Temperament mangelte, für die positive Beeinflussung der Verkaufschancen buchstäblich „Feuer unter dem A. machten“ – sie schoben den armen Vierbeinern tatsächlich den Darm reizenden Ingwer in den Hintern! Damit haben wir die Assoziationskette, die von den Cocktail-Pferden über die entscheidende Zutat Ingwer aus den Proto-Cocktails zur endgültigen Bezeichnung für unsere Mixgetränke führen soll.
Welche dieser Spekulationen hältst du für am wahrscheinlichsten? Oder kennst du noch weitere Mutmaßungen über die Herkunft des Begriffs "Cocktail"? Dann schreib uns doch, vielleicht kennst du ja des Rätsels Lösung!
Eine kurze Geschichte des Cocktails
Nachdem wir nun geklärt haben, dass sich bezüglich der Namensherkunft nichts endgültig klären lässt, wollen wir eine kurze Geschichte des Cocktails bis in die heutige Zeit anschließen.
Während England und Schottland als Ursprung gelten, gelang dem Konzept des Cocktails in den USA der Aufstieg zur Weltgeltung. Wurde auch in den Staaten schon immer der Whisky mit Wasser verdünnt, wurden im Verlauf des 19. Jahrhunderts Cocktails (auch unter diesem Namen) im modernen Sinne immer beliebter. Eine weitere Hochzeit der alkoholischen Mischgetränke, als Cocktails Geschichte schrieben, waren in den USA ironischerweise gerade die Jahre der Prohibition. Nach dem zweiten Weltkrieg trat der Cocktail dann endgültig seinen Siegeszug um die Welt an.
Soweit sehr verkürzt die Cocktail Geschichte, auf die wir sicher ein anderes Mal ausführlicher zu sprechen kommen. Wenden wir uns jetzt einem leckeren Cocktail zu und freuen wir uns, dass aus der finsteren Zeit der Tierquälerei mit grausamen Hahnenkämpfen und sadistischen Rosstäuschermethoden uns nur der Name der Mixgetränke erhalten geblieben ist, die wir alle so lieben!